Montag, 17. Dezember 2007

Call of Duty: Modern Warfare


Veteran. Ein Begriff, dem Respekt gebührt, besonders denjenigen die diese Bezeichnung tragen. Sie haben tapfer im Krieg für das eigene Land gekämpft, ihr Leben für das eigene Volk eingesetzt. Sie sind die Säule in der Gesellschaft, die alle anderen Menschen trägt und auch für unsere friedliche Welt verantwortlich ist.
Ähmm, einen kurzen Moment. Da sollte doch was ganz anderes stehen, nicht dieser patriotische Mist. Ach hier ist es ja:
Veteran. Ein Begriff, dem Respekt gebührt, besonders denjenigen, die diese Bezeichnung tragen. Also den Spielern, die Call of Duty auf diesem Schwierigkeitsgrad, der als Erklärung dieses wohlklingende „Sie werden nicht überleben!“ trägt, absolviert haben. Den gibt es trotz Settingwechsel auch im neuen Teil Modern Warfare

Atomar

Wir sitzen in einem Helikopter, der sich durch ein Gewitter kämpft. Wir, das ist der Soldat „Soap“ MacTavish, der Neuling bei den Agents des britischen S.A.S. Unter uns herrscht unruhige See und langsam kommt ein großer Tanker in Sicht. Welche Überraschung, genau dieser Tanker ist unser Ziel. Wir seilen uns ab und eröffnen das Feuer auf die Feinde in der Brücke. Alles geht schnell, die Gegner liegen schneller auf dem Boden als man „Terrorist“ sagen kann. Mit eiskalter Präzision kämpfen wir uns weiter vor. Von „Kämpfen“ kann eigentlich nicht die Rede sein, unsere nächsten Opfer sind ein Betrunkener und zwei Schlafende. Nicht gerade die feine englische Art. Jetzt aber kämpfen wir uns mit unser Handvoll Kameraden wirklich durch das Schiff, denn diesmal schießen die Terroristen sogar zurück. Sehr viel hat Soap aber nicht zu tun. In dieser ersten Mission erledigen die eigenen Mitstreiter auch ohne sein Eingreifen die Gegner ohne Probleme. Aber wo ist da der Spaß, also stürmen wir im inneren des Schiffs immer als Erster in den nächsten Raum. Bum, tot. Wir haben nicht mal gesehen, woher der Schuss kam, einer der Herausforderungen bei Veteran. Extrem zielgenaue Gegner. Beim nächsten Versuch halten wir uns ein wenig zurück und haben Erfolg. Endlich stehen wir vor unserem Ziel, einem Container. Der Inhalt ist nicht weiter überraschend, eine Atombombe. Warum sonst würden britische Spezialeinheiten sich die Mühe machen, einen Tanker zu stürmen? Eben.

Zukunftsvision

Generell liegt in der nahen Zukunft vieles im Argen. In einem fiktiven arabischen Staat übernimmt der islamistische Terrorist Al-Asad die Macht. Dazu gesellt sich noch ein russischer Ultranationalist, dessen Namen ich leider vergessen habe, der diesen Putsch im Nahen Osten als Ablenkung für sein eigenes Vorhaben eingeleitet hat. Übrigens mit den Namen ist es wie mit der eigentlichen Story. So wirklich an die erinnern konnte ich mich nicht, es bleibt einfach nicht viel hängen zwischen den Explosionen und Schüssen. Aber genug, um zu bemerken, dass das Spiel nicht wie die Vorgänger im 2. Weltkrieg spielt. Eine wahre Freude, wenn sich der man sich mit wohl Milliarden von Spielen, die in dieser Zeit angesiedelt sind, konfrontiert sieht.
Und diese Geschehnisse scheinen verheerend genug zu sein, dass sich Amerika und England dazu bestärkt fühlen, gegen arabische Terroristen und russische Nationalisten Krieg zu führen - und das ist ja die Hauptsache. Zumindest für den Spieler. Stellt euch doch nur mal vor, die Parteien würden sich an den Verhandlungstisch setzen und auf eine humane Weise verhandeln. Langweiliges Thema für einen Ego-Shooter, oder? Also vergessen wir die Geschichte und wenden uns dem restlichen Spiel zu.

Argh, ich krieg keine Luft mehr

Call of Duty: Modern Warfare ist ein Sumpf. Das muss man einfach sagen. Meiner Meinung nach die Metapher, die am besten auf dieses Spiel passt. Ein Sumpf aus Atmosphäre. Man kann sich nicht aus ihm befreien und versinkt immer tiefer. Das liegt vor allem daran, dass die Entwickler nicht sparsam mit Scriptsequenzen umgegangen sind. Jedes Level ist mit unzähligen gespickt, sorgt für Spannung, Schrecken, Überraschung, zugeschnürte Kehlen und ein cinematisches Erlebnis. Beispiel gefällig?
Dann schauen wir uns doch einfach nochmal die erste Mission an. Die mit dem Tanker und der Atombombe.
Denn als wir diese entdeckt haben, wird uns mitgeteilt, dass das Schiff angegriffen wird. Also nur das Wichtigste noch mitgenommen und losgerannt. Aber schon nach wenigen Metern wirft es uns glatt von den Füßen. Ein heller orange-roter Schein erfüllt den Raum. Wasser läuft über den Boden, steigt immer weiter an. Das Schiff sinkt, ruft ein Kamerad. Als hätten wir das noch nicht bemerkt. Unsere Sicht verschwimmt immer wieder, der Aufprall war wohl ziemlich hart. Der Blick wandert umher, die anderen laufen weiter. Captain Price (ich persönlich frage mich ja, wie alt der Typ wohl ist) hilft uns schließlich hoch. Das Schiff hat starke Schlagseite, das macht die Kamera mehr als deutlich, vielleicht ein bisschen zu sehr. Wie man bei dieser Neigung noch stehen, geschweige denn gerade aus laufen kann, ist mir schleierhaft. Cool ist es auf jeden Fall, besonders wenn an den Wänden Wasser durchbricht oder Verkleidungsplatten abfallen.
Wir stürmen durch die Gänge, haben die Kameraden aus dem Blickfeld verloren, orientieren uns an den Zurufen. „Rechts“, sagen sie. Wer falsch abbiegt, muss am letzten Speicherpunkt neu starten. Aber wir schaffen es auch ohne in die falsche Richtung zu laufen und stehen auf dem Deck, aber wo verdammt noch mal ist der Helikopter? Er müsste doch schon hier sein. Wir laufen das Deck entlang und sehen ihn. Die Kameraden stehen schon an der Reling und springen auf die rettende Metallplatte. Wir sprinten auf sie zu, Price richtet sich gerade auf ihr auf, der Helikopter setzt sich schon wieder in Bewegung. Wir springen, erreichen den Hubschrauber, rutschen wieder ab, die Hände panisch nach Halt suchend. Kurz vorm Absturz greift Price rettend nach unseren Armen und zieht uns hoch. Wir schauen nach unten. Der Tanker wird von den aufwallenden Wellen verschluckt. Mit ihm die Atombombe. Unsere erste Mission ist bestanden.
Und das war nur die Spitze des Eisbergs. Eine Atombombenexplosion, explodierende Fahrzeuge, explodierende Gebäude. Erkennt ihr einen Trend? In CoD 4 explodiert viel, und das auch mit ziemlichem Wumms. Aber auch Dramatik und Schrecken kommen in der Inszenierung nicht zu kurz. Wie zum Beispiel im Intro, in dem wir aus der Sicht des arabischen Präsidenten Al-Fuladi dessen letzten Minuten mitverfolgen. Die Bevölkerung wird durch die Straßen gehetzt, erschossen, verprügelt, festgenommen und hingerichtet. Bedrückender wurde der Schrecken des Krieges noch nie dargestellt.
Aber es gibt - wie in allen anderen Teilen der Serie - einen gewaltigen Nachteil: Nach dem ersten Durchspielen fehlt es dem Spiel an Überraschungen und es verliert seine größte Motivation; die Kehrseite der Scriptsequenzen.

Vieles Bekanntes, wenig Neues

Spieler der Vorgänger freuen sich zwar wieder über die geniale Inszenierung, werden aber immer wieder auf Bekanntes stoßen. Man hat oft das Gefühl, Missionen schon einmal gespielt zu haben. So müsst ihr zum Beispiel ein Dorf halten, das ihr in der Mission zuvor erobert habt. Ihr werdet immer weiter zurückgedrängt, bis die rettende Luftunterstützung kommt. Das erinnert stark an die D-Day-Missionen in Call of Duty 2.
Aber es gibt auch neue Ideen, so zum Beispiel die Mission mit dem Tanker. Höhepunkt des Spiels ist aber eine Reise in die Vergangenheit, die ihr in der Rolle Captain Prices erlebt und euch mit einem anderen Agenten durch Prypjat robbt, um diesen Ultranationalisten zu erledigen - der, dessen Name mir entfallen ist. Also der, der den Putsch in diesem arabischen Staat eingeleitet hat. Da heißt es zuerst schleichen, dann snipern (inklusive Windeinfluss und Corioleseffekt) und dann fliehen (auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad fast unmöglich zu schaffen).
Aber mit dem Wechsel des Szenarios hat sich auch viel geändert. Allen voran die Waffen. Von den Karabinern müsst ihr euch wohl oder übel verabschieden. „Automatisch“ ist das Zauberwort für das moderne Kriegsgerät. Während ihr in CoD 2 meistens noch einen Karabiner für Kämpfe über Entfernung und ein Maschinengewehr für den Nahkampf habt, reicht euch heute eigentlich ein Universal-Gewehr. Aber ihr solltet den zweiten Slot natürlich ausnutzen, besonders wenn ihr gerade nachladen wollt und ein böser Terrorist auf euch zustürmt. Dafür gibt es (endlich) Schrotflinten, Scharfschützengewehre, Uzis und so weiter. Außerdem stehen noch Sonderwaffen zur Verfügung wie Claymores oder C4-Sprengstoff, die ich übrigens nie freiwillig benutzt habe. Nur dann wenn es mir durch die Mission vorgeschrieben wurde (und das wurde es mir zwei Mal). Und für die etwas rabiatere Auseinandersetzung habt ihr auch noch Granaten im Gepäck, die sich - einen an die Waffe gebauten Granatenwerfer - auf Feindansammlungen schießen lassen. Durch diese schiere Masse an verschiedenen Waffen wirkt die Steuerung allerdings leicht überbelegt und die Finger können sich manchmal ein bisschen verknoten (da auch das neu eingeführte Sprinten eine Taste belegt). Immerhin könnt ihr mit euren Waffen endlich Materialen wie Holz, dünne Wände oder Metall durchschießen und verschanzte Gegner so leichter ausschalten, aber diese Gesetze der Physik gelten auch für die Deckung, hinter der ihr hockt.
In der Mission „Tod von oben“ dürft ihr euch auch hinter eine wahre Todesmaschine setzen. Hier betätigt ihr in einem Flugzeug ein Geschütz, das Granatengeschosse in drei Varianten verschießt. Auch hier ist die Atmosphäre bedrückend. Wenn zig Soldaten durch eine von uns abgeschossene Bombe - wer weiß wie viele tausend Meter unter uns - zu Boden fallen, erhält die ganze Szenerie etwas extrem Irreales. Besonders weil ihr die Szenerie in einem Schwarz-Weiß-Filter seht. Die Witze der anderen Mitglieder an Bord, wenn die Gegner in Dutzenden durch die Luft fliegen, tun ihr Übriges.
Aber diese ganze Atmosphäre kommt erst wirklich auf den höheren Schwierigkeiten, wenn sich die feindlichen Einheiten auch wehren. Auf Rekrut wehren sie sich zwar auch, aber eine wirkliche Gefahr stellen sie nicht dar. Erst auf Erfahren agieren Terroristen und Nationalisten realistisch, werfen Blendgranaten (die euch übrigens auch zur Verfügung stehen), werfen von euch geworfene Granaten zurück (was ihr jetzt - genügend Reaktion vorausgesetzt - auch könnt) und fallen euch teilweise sogar in den Rücken. Das ist dann zwar im Moment ärgerlich, aber echter Krieg ist ja auch ärgerlich. Ärgerlich ist noch in Ordnung, frustrierend geht jedoch gar nicht mehr. Und frustrierend wird es in Veteran. Dann schießen die Gegner fast ausnahmslos auf euch, selbst wenn sie von euren Kollegen beschossen werden.

Kein Crysis, aber trotzdem gut

Wow, sieht das geil aus. Das denkt man immer wieder und man mag gar nicht daran denken, dass in Modern Warfare die Grafikengine aus dem zweiten Teil der Serie werkelt. Effektvolle Explosionen (ja, schon wieder Explosionen), detaillierte Gesichter- und Charaktermodelle, glaubhafte Animationen, scharfe Umgebungstexturen und tolle Lichteffekte. Soundtechnisch bewegt sich CoD 4 wie eh und je auf einem unheimlich hohen Niveau, besonders mit einer guten Surround-Anlage. Bombastischer Bass, lautes Pfeifen (wenn man einer Explosion zu nahe war); Audio-visuell schießt man mit CoD in vorderster Reihe, nicht nur atmosphärisch. Wenn es doch nur ein bisschen länger dauern würde, denn spätestens in 8 Stunden sieht man den Abspann und ärgert sich darüber, dass der Hauptcharakter schon wieder so blass bleibt. Danach gibt es noch eine Extramission, in dem ihr euch durch ein entführtes Flugzeug schießt (sehr kurz, aber sehr cool) und Cheats freizuschalten, indem ihr die in den Missionen verteilten Laptops der Feinde einsammelt. Dadurch könnt ihr dann beispielsweise einen stärkeren Kontrast einstellen oder das Spiel als „Stummfilm“ erleben (erhöhte Spielgeschwindigkeit, Musik und Filter). Aber es ist doch zu ermüdend, die ganzen Missionen (wenn sie beim ersten Spielen auch wirklich toll sind) innerhalb kürzester Zeit noch einmal zu erleben.

Call of Duty: Modern Warfare ein Spiel, dem Respekt gebührt. Aber auch den Entwicklern, die das Spiel aus dem angestaubten Szenario des zweiten Weltkriegs herausgeholt haben und es in die Gegenwart bzw. nahe Zukunft verfrachtet hat.
Ähmm, Moment. Ob CoD 4 jetzt soviel Ehre gebührt ist fraglich, obwohl es ohne Frage gut ist. Genauer betrachtet, ist es aber dasselbe Spiel: gute Grafik, einwandfreie Atmosphäre, bombastischer Sound und die lobenswerte Zugänglichkeit. Dazu kommen kleine Änderungen, wie das Zurückwerfen von Granaten oder das Sprinten. Dennoch gilt: Es macht einfach unheimlich viel Spaß und ist realistischer denn je: Erschreckende Bilder, die dem Spieler den Atem rauben und die Grausamkeit des Krieges darstellen. Dumm nur, dass Modern Warfare spielerisch viel zu einfach gestrickt, als dass diese Botschaft wirklich rüberkommen würde. Denn ihr macht nichts anderes als auf Feinde zu schießen; wie in jedem Call of Duty halt. Dadurch wirkt das gesamte Spiel in seiner angedachten Aussage flach und oberflächlich, was es aber keinesfalls zu einem schlechten Spiel machen würde.
Ach ja, und übrigens der russische Ultranationalist heißt Zhakaev. Anscheinend bleibt bei CoD 4 doch etwas hängen.

Von mir gibt's 9 von 10 Punkte

Dos Corazones meint:
Ein fulminates Spiel, dass den Schrecken des Krieges noch grausamer darstellt als ein Spiel je zuvor. Die neue thematik tut dem Spiel auf jeden Fall gut, ein weiteres Mal 2. Weltkrieg wäre des Guten einfach zu viel gewesen. Zwar erzählt CoD 4 ein wirkliche Geschichte, doch die ist wegen eines gesichtslosen Heldes eher uninteressant. Die Figuren, die uns durch das gesamte Spiel verfolgen, schließen wir aber sofort ins Herz.
Was Infinity Ward wieder einmal famos gelungen ist, ist die Atmosphäre. Die gestochen scharfen Texturen, der Detailreichtum, der fulminante Klang und last but not least die Skriptsequenzen machen dieses Spiel zu einem echten Erlebnis. Wer Ego-Shooter mag, wird mit CoD 4 auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. Aber vorsicht mit dem Schwierigkeitsgrad! Anfangs ist das Spiel noch sehr leicht, doch in einigen Szenen habe ich mir die Zähne ausgebissen, bis ich den Schwierigkeitsgrad runtergedreht habe. Ohne Frage ist CoD 4 eines der besten Actionspiele dieses Jahres, ob es das beste ist, entscheidet jeder für sich selbst. Ich gebe 9 von 10 Punkten.

2 Kommentare:

Madse hat gesagt…

Naja, obwohl die Charactere sehr flach bleiben, hat man nach dem Durchspielen doch ein wenig mulmiges Gefuehl. Und in CoD4 habe ich die bisher eindrucksvollste und erdrueckendste Atombombexplosion erlebt.

DerGraf hat gesagt…

Jo, mit anschließender Sterbesequenz. Das ist meiner Meinung nach die beste Szene, die es je in einem Computerspiel gegeben hat. Ich wollte nur im Test nicht zu viel spoilern ^^