Montag, 7. Mai 2007

Gothic (PC)


Vom Grafen

Eine magische Barriere, durch die alles reinkommen kann, aber nichts mehr lebend rauskommt, grenzt die Minenkolonie der Insel Khorinis ein. Hier werden die Verbrecher der Insel und des nicht allzu weit entfernten Festlands Myrtana hineingeworfen, um Erz für die Waffen des Königs abzubauen. Dummerweise haben die Gefangenen dort schon längst die Kontrolle übernommen und König Rhobar, Anführer Myrtanas, ist dazu gezwungen mit den Kriminellen zu handeln, um an das wichtige Metall ranzukommen. Das ist so wichtig, weil das Königreich einen erbitterten Krieg gegen die Orks führen, und man das Land ja nicht an die Grauhäuter verlieren will.

Das Leben in der Minenkolonie

Hier kommen Sie ins Spiel. Als namenloser Held werden Sie in die Barriere geschubst, nur um daraufhin von einem massigen Kerl namens Bullit “getauft” zu werden, was einem Schlag ins Gesicht entspricht. Glücklicherweise ist die Kolonie nicht nur von solchen Schlägern bevölkert, denn schon kommt Ihnen ein gewisser Diego zu Hilfe, der uns erst mal über das Leben in der Barriere informiert. Er erzählt Ihnen unter anderem, dass es drei Lager gibt: Das Alte Lager, zu dem Diego gehört und wie der Name schon sagt, das älteste aller Lager, das Neue Lager, in dem Banditen und Söldnern magisches Erz sammeln, um die Barriere zu sprengen und das Sumpflager, das den Schläfer, einen geheimnisvollen Gott, anbetet, und von dem sie die Befreiung aus ihrem Gefängnis erhoffen. Schnell wird klar, dass das Alte Lager das einzig verbleibende ist, das mit dem König handelt und so auch an allerlei Luxus kommt. Während sich die meisten der Gefangenen längst mit ihrem Schicksal abgefunden haben, nie wieder einen Fuß hinter die Barriere setzen zu können, haben Sie natürlich nicht vor hier bis zu Ihrem Lebensende Erz zu schürfen. Deshalb müssen sie sich wohl oder übel einem Lager anschließen. Und hier kommt die große Besonderheit von Gothic zum Tragen: Sie sind nicht gezwungen euch einer ganz bestimmten Gruppe anzuschließen, sondern können frei entscheiden, welche Ihnen mehr zusagt. Allerdings bleiben die Missionen nach der Aufnahme bei einem Lager die gleichen. Das soll jetzt nicht unbedingt schlecht klingen, denn die späteren Hauptaufgaben sind wunderbar erfrischend gestaltet, obwohl es doch meistens nur ums Töten von Gegnern geht. Allerdings müssen Sie immer wieder verschiedene Gegenstände finden, seien es nun Fokussteine oder Einzelteile einer Orkwaffe. Generell ist Ihnen frei gestellt, was Sie machen wollen bzw. wohin Sie gehen wollen. Die ca. 2 km² große Spielwelt ist von Anfang an frei begehbar. Allerdings dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Ihnen irgendwo besonders starke Gegner über den Weg laufen und Sie bei einer Auseinandersetzung innerhalb weniger Sekunden am Boden liegen.

Wie's sich spielt

Damit Sie sich auch gegen die immer stärker werdenden Gegner behaupten können, investieren Sie Lernpunkte - Sie bekommen pro Levelaufstieg zehn Punkte - bei den im ganzen Gebiet verstreuten Lehrer gegen neue Fähigkeiten, zum Beispiel das Kämpfen mit Einhandwaffen, oder einfach zur Steigerung Ihrer Charakterwerte, wie Stärke oder Geschicklichkeit. Gegen die vielen und abwechslungsreichen Gegnertypen kämpft man in Echtzeit, was seine guten und schlechten Seiten hat. So können Sie Feinde überraschen, aber die Feinde machen das manchmal auch so. Außerdem ist zu sagen, dass Gothic keine einfaches Spiel ist. Ganz im Gegenteil, es ist bockschwer. Wenn Ihr euch als Frischling überstürzt in eine Gruppe Scavanger, eine Art Laufvogel, oder gar Blutfliegen wagt, könnt Ihr euch schon mal auf das Ableben eures Helden einstellen. Denn in diesem Spiel ist es Pflicht starke Gegner einzeln anzulocken und zu weich zu klopfen, bevor der nächste angelockt wird, auch im späteren Spielverlauf. Das spielt sich zwar bei größeren Gruppen etwas langatmig, verschafft einem aber auch das Gefühl von taktischer Raffinesse. Natürlich gibt es auch Gegnertypen, die sich nicht einzeln anlocken lassen, zum Beispiel Wölfe. Greifen Sie da ein Monster an, können Sie sich auf eine Flucht vor teilweise acht bis zehn Wölfen bereitmachen, oder Sie sind mittlerweile stark genug, dass die an Ihnen hochspringende Masse nicht alle Lebenspunkte abzieht, bevor Sie die Raubtiere erledigt haben. Hier liegt einer der großartigen Motivationsschübe: Einem Monster , das Euch anfangs noch in der Luft zerrissen hat, so richtig in den Arsch zu treten. Das gibt einem ein unheimlich gutes Gefühl von Macht. Einfach genial!

Doch nicht alles ist perfekt. Das Spiel hat auch nach dem dritten Patch immer noch einige Bugs, die das Weiterkommen in der Geschichte komplett verhindern können. Auch die Steuerung lässt an komfortabler Handhabung zu wünschen übrig. Um einen Gegenstand aufzuheben, müssen Sie doch tatsächlich zwei Tasten bemühen, nämlich die Aktionstaste und zusätzlich die zum Vorwärtslaufen. Allerdings hat man diese Art der Bedienung schnell verinnerlicht und wenn man nach längerer Zeit den ersten Teil der Gothic-Serie durch den zweiten ersetzt, muss man sich erst wieder an die viel leichter gehaltene Steuerung gewöhnen. Außerdem fällt man immer wieder in stumpfsinniges Grinden, also die gesamte Kuppel abläuft, um die nach einigen Tagen wieder neu gespawnten Feinde zu erledigen.

Schon ein paar Jahre auf dem Buckel

Technisch ist das Spiel für heutige Verhältnis natürlich hoffnungsvoll veraltet. Überall gibt es Kanten, die Texturen sind grob und einige Animationen wirken sehr abgehackt. Dennoch stimmt die Atmosphäre. Sie sind hier nicht im Schlaraffenland, sondern in einem “Gefängnis” und das sieht man den verschiedenen Lagern an. Einfache und schiefe Holzhütten, und dass sogar die Burg im Alten Lager, in dem immerhin die Erzbarone wohnen, nicht so ganz senkrecht steht, zeugen davon, dass unter den Gefangenen anscheinend keine Architekten zu finden sind. In der Höhle, in der das Neue Lager untergebracht ist, finden sich Lehmhütten und im Sumpflager wurden einige Behausungen auf die hohen Bäume gebaut, das wirkt atmosphärischer als die Städte in Oblivion Der Sound ist hingegen vorbildlich. Eigens komponierte Musikthemen verleihen dem Spiel einen epischen Hauch und die durchgängig vertonten Dialogzeilen zeugen von Professionalität.


Meine Meinung

Wie heißt das beste Rollenspiel aller Zeiten? Na gut, Gothic 2. Aber sein Vorgänger ist der Grundstein für das Vorzeige-Rollenspiel aus Deutschland. Das mit dem zweiten Teil seinen Höhepunkt gefunden hat. Der erste Teil besticht aber durch seine unheimlich packende Atmosphäre, die keiner großartigen Grafik bedarf, die professionelle Vertonung und dem Soundtrack, der abwechslungsreichen Aufgaben und der unheimlich coolen Story, die erfreulicherweise völlig auf Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet. Gothic ist ein Meisterstück deutscher Programmierkunst und jeder überzeugte Rollenspieler sollte dieses Spiel besitzen, oder zumindest einmal angespielt haben. Wären da nicht die unzähligen Bugs, könnte man Gothic zurecht als eines der besten Spiele aller Zeiten bezeichnen. Aber es stört einfach, wenn man mitten im Orkfriedhof nicht mehr weiterkommt, weil der werte Baal sich dazu entschlossen hat in einer Kammer auf einen Gegenstand zu warten, den man ihm schon vor einer Viertelstunde gegeben hat. Ein wichtiges Pro-Argument zum Schluss: Das Spiel läuft heute auf eigentlich jedem Rechner flüssig.

Meine Wertung: 9 von 10 Punkten

Dem Dos seine Meinung

Ich liebe und hasse Gothic. Ich liebe es, weil die Welt so stimmig, atmosphärisch und einfach super gestaltet ist. Ich liebe es, weil die Charaktere eigene Geschichten haben. Ich liebe das Kampfsystem ... öhm, ich gewöhne mich an das Kampfsystem (Richtungstaste drücken und Aktionstaste). Aber ich hasse Gothic, weil in der heute nicht mehr allzu großen Welt viele Bugs den Spielspaß dämpfen. Ich hasse es, ständig wegen Bugs beim Kampf neu zu laden, wenn der Held zum Beispiel hängen bleibt. Wiederum liebe ich die Freiheit, die Gothic mir lässt. Wenn ich wollte, könnte ich überall innerhalb der Barriere spazieren gehen. Doch das wäre der reinste Selbstmord, denn abseits der Wege ist man nicht nur am Anfang nicht sicher, ein Schattenläufer oder ein Snapper-Pärchen setzt mir auch mit einem starken Helden ganz schön zu.
Insgesamt ist Gothic ein gutes Spiel, aufgrund der Steuerung aber nur der zweitbeste Teil der Serie, hinter teil 2. Wer nicht die neuste Grafikeffekte braucht und/oder einen alten PC sein eigen nennt, kann mit ruhigem Gewissen zur ca. 30 Euro teuren Gothic Collection mit Teil 2 samt Add-On greifen. Eins noch zum Schluss, Gothic ist kein einfaches Spiel, sondern bockschwer. Ungeduldigen rate ich eher zu einem Oblivion, dann verpassen Sie aber eine der besten Spielestorys der Computerspielgeschichte.

Ich gebe 8,5 von 10 Punkten


huGns Meinung

Was soll ich noch großartig zu Gothic sagen? Es ist eindeutig eins der besten Rollenspiele die je erschienen sind, doch wird dieser Gesamteindruck durch viele Probleme gedrückt.
Zum einen gibt es die schon angesprochen Bugs, doch mich stört viel mehr, dass dieses Spiel so schwer, dass ich es erst beim vierten Anlauf ohne Cheats durchspielen konnte. Zudem finde ich, dass die Story eine der besten ist die mir in der Spielegeschichte untergekommen ist, trotzdem finde ich, dass sich Gothic zu sehr in die länge zieht, was an der fast unbegrenzten Freiheit der Spielwelt liegt, die mich aber eher vom spielen der Quests abhält, als dass sie mich ermutigt. Hinzu kommt das zum Teil nicht ausgewogene Balancing wie zum Beispiel die schier unbesiegbaren Tiere der Spielwelt.
Trotz alledem bin ich der Meinung, dass Gothic Pflicht in jeder Spielesammlung sein sollte.

Ich gebe 8 von 10 Punkten

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